Das Verfassen von Gutachten stellt eine Schlüsselqualifikation für uns Sachverständigen dar. Gutachten sind das gebündelte Ergebnis unserer Arbeit und häufig genau das, weswegen Klienten uns beauftragen. Anhand dieses Dokuments sollen weiterführende Entscheidungen getroffen und Handlungen in Gang gesetzt werden. Und bestimmt sind auch Sie gut geübt im Erstellen von Gutachten. Doch wie plausibel muss so ein Gutachten eigentlich sein, damit es vor Klienten, Behörden, Gerichten und Co Bestand hat?
Achten Sie beim Erstellen von Gutachten immer darauf, dass alle Angaben und Fakten durchweg nachvollziehbar und prüfbar sind? Sie treffen Ihre Aussagen bestimmt mit Bedacht – aber auch mit dem nötigen Nachweis dahinter? Vor dem Bundefinanzhof wurde vor rund zwei Jahren, im Oktober 2017, ein Urteil gefällt, dass die Wichtigkeit von Nachweisen deutlich macht.
Ein Fallbeispiel: Immobilienbewertung
In diesem besagten Fall ging es um eine Immobilienbewertung. Der zuständige Gutachter ermittelte einen Ertragswert von 800.000 €. Von diesem Wert zog der Sachverständige 170.000 € für die Beseitigung eines Reparaturstaus ab. Entsprechend wurde ein Verkehrswert von 630.000 € errechnet.
Wie der Gutachter seine Analyse begründete? Er legte seine langjährige Berufserfahrung zugrunde. Auf dieser Basis habe er Schätzungen vorgenommen. Die erforderlichen Fakten für seine Berechnung fehlten allerdings.
Die Folge: Das Gutachten verlor seine Gültigkeit
Die Folge war, dass das Finanzamt dieses vorgelegte Gutachten nicht akzeptierte, da die pauschal geschätzten Reparatur- und Instandsetzungskosten nicht plausibel erläutert wurden. Auch der Bundesfinanzhof sah das so. Die Begründung sieht wie folgt aus:
„1. Ein Sachverständigengutachten ist nur dann ordnungsgemäß, wenn die tatsächlichen Grundlagen der Wertermittlung schlüssig nachvollziehbar sind. Dazu gehören eine hinreichende Erhebung und eine Dokumentation der Begutachtungsgrundlagen. Allgemeine Verweise, wie z. B. auf eine sachverständige Feststellung oder auf eine jahrelange Erfahrung, sind nicht aus- reichend. Die Anforderungen an die methodische Qualität des Wertgutachtens ergeben sich im Wesentlichen aus den §§ 194 ff des Baugesetzbuches.
2. Sind dem Sachverständigen die für die Beurteilung maßgeblichen Umstände nicht bekannt, muss er sie ermitteln oder beim Auftraggeber erfragen.
3. Ist im Ertragswertverfahren dem schlechten Zustand eines Gebäudes bei Erträgen, Bewirtschaftungskosten und Restnutzungsdauer nicht Rechnung getragen worden, können Instandsetzungskosten durch Abschläge oder in anderer Weise zu berücksichtigen sein. Aus dem Gutachten muss sich jedoch ergeben, wie sich die Mängel und Schäden auf den Verkehrswert auswirken.
4. Ein Gutachten, das nur auf der Darstellung eines Beteiligten beruht und ohne eigene Ermittlungen des Sachverständigen abgegeben wird, ist von vornherein nicht zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Grundstücks geeignet.
5. Lässt ein Gutachten nicht erkennen, inwieweit sich der Verkehrswert des Grundstücks aufgrund der Reparaturen mindert, kann der Nachweis eines höheren Abzugs von Instandsetzungskosten und damit eines niedrigeren Werts des Grundstücks nicht als er bracht angesehen werden.
6. Bauschäden sind im Ertragswertverfahren nur insoweit zu berücksichtigen als sie sich auf den Verkehrs- wert des bebauten Grundstücks auswirken. Hat ein bebautes Grundstück trotz hohen Alters eine notwendige durchgreifende Sanierung oder Modernisierung nicht erfahren (Instandhaltungsrückstau), liegt eine objekts- bezogene Beeinträchtigung des Bauwerks und damit ein Bauschaden vor.“
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.10.2017 Az.: II R 40/15)
Lieber gründlich bei der Gutachtenerstellung vorgehen
Uns hat dieses Urteil wieder vor Augen geführt, wie wichtig die stichhaltige Argumentation in Gutachten ist – und dass es sich lohnt, die Plausibilität gründlich zugrunde zu legen.
Ihr DGuSV-Team